"Lucia di Lammermoor" in Salzburg: Wenn der Wahnsinn greifbar wird
Salzburger Festspiele: Donizettis "Lucia di Lammermoor" mit Lisette Oropesa, Benjamin Bernheim und Daniele Rustioni.
Diese "Lucia" überzeugt allein durch ihre musikalische Qualität
“... Aber gottlob brauchte diese konzertante "Lucia" keinerlei dramaturgische Stützkonstruktionen, sondern überzeugte allein durch ihre musikalische Qualität.
Das begann schon am Pult. Daniele Rustioni, Musikdirektor in Lyon und Erster Gastdirigent der Bayerischen Staatsoper, sieht seine Aufgabe nicht einfach darin, den Stimmen einen faltenfreien roten Teppich auszurollen, auf dem sie dann möglichst ungestört dahinstolzieren können. Im Gegenteil, er macht die im Bühnenalltag immer noch üblichen Striche auf, lässt also nicht nur das früher oft ganz weggelassene Turmbild spielen, sondern vor allem auch die vielen zweiten Strophen.
Und siehe da, das restauriert nicht bloß abstrakte Formschemata, sondern bedeutet sogar mehr Drama - weil nämlich die jeweils adressierten Gesprächspartner bei der Wiederholung dann sehr oft auf das zunächst stumm Gehörte reagieren. Außerdem hängt Rustioni nicht dem "come scritto"-Gebot der Toscanini-Schule an, sondern erlaubt allerlei eingelegte hohe Töne. Zusammen mit dem unter seiner Leitung romantisch-schwelgerisch klingenden, aber immer wieder auch dramatisch zupackenden Mozarteumorchester und dem tadellosen Philharmonia Chor Wien ergab das eine fesselnde Aufführung.
… Großer Jubel.”
Abendzeitung München, Walter Weidringer