Dirigent Daniele Rustioni triumphiert in Hector Berlioz “Les Troyens”
“Da ist aber auch Daniele Rustioni, 1983 in Mailand geboren und der erste Gastdirigent des Hauses und ein Magier. Unter seiner Anleitung webt das Staatsorchester feinste Klangschleier, es ziseliert Rhythmen aus Eleganz und Verlockung, es lässt die oft durch Störmanöver grundierte Vielstimmigkeit wie ein lebendiges Wesen erscheinen. Zudem suggeriert es den Hörern, dass Akkorde nicht nur Klänge, sondern Erotik und Duft sein können. So viel Synästhesie war in München schon lang nicht mehr. Rustioni und seine Co-Zauberer machen in jedem Moment klar, dass Berlioz ziemlich dezidiert und mit eingängigen Nummern gegen das selbst verfasste martialische Libretto nach Vergils staatstragender "Aeneis" ankomponiert, dass er selbst den Märschen und Todesmusiken Raffinement und Laszivität verleiht. Der Text aber gibt sich über weite Strecken kriegsunkritisch bis verherrlichend. Das stimmt nachdenklich, genauso wie der Umstand, dass die besten und bis heute für die europäische Kultur einflussreichsten Texte der Antike wie "Ilias", "Odyssee", "Orestie" und "Aeneis" den Trojanischen Krieg besingen: Männerkampfliteratur.”
Süddeutsche, Reinhard J. Brembeck