Daniele Rustioni dirigiert «Falstaff» in Stuttgart: eine bewundernswerte Leistung.
«Kann eine Aufführung allein des Dirigenten wegen zum Besuch verlocken? Ja, es kann, zumal wenn es sich um ein Werk wie Verdis Altersopus handelt, das mit seiner vielschichtigen und kleinteiligen Partitur schon immer auch die größten Dirigenten herausgefordert hat, die um die italienische Oper sonst eher einen großen Bogen machen. Wenn es denn einem noch jungen Nachwuchs-Maestro wie Daniele Rustioni, der jüngst zum Chefdirigenten der Oper in Lyon ernannt wurde und hier in der letzten Saison mit einem faszinierend differenziert verwirklichten «Nabucco» begeisterte, gelingt, der sich meist im ganzen Leben nicht in allen Facetten erforschbaren Shakespeare-Komödie weitreichend auf den Grund zu gehen, markiert das eine bewundernswerte Leistung.
Eine gesunde Mischung aus Temperament und Feinfühligkeit bestimmt Rustionis Dirigat vom lebhaften Auftakt im Wirtshaus bis zur wirkungsvoll gebündelten Schlussfuge. Da wird den unzählbaren Instrumentierungs- und Harmonie-Details liebevoll ironisch nachgespürt, wie es Verdi so herrlich locker, altersweise und doch voll komödiantischer Frische im dominierenden und nur von kurzen melodischen Aufschwüngen unterbrochenen Parlando-Ton kommentiert, bricht und dem ganzen doch einen Zusammenhalt gibt. Genau das gelingt auch Rustioni – trotz der dem Staatsorchester Stuttgart an allen Pulten entlockten Feinarbeit entfaltet sich alles als Großes Ganzes, und verblüfft damit auch heute noch genauso, wie der Komponist 1893 damit die Musikwelt total überrascht hat. Ob es das Kichern der Frauen, die Aufgeblasenheit der Männer, die Zärtlichkeit des Liebespaares, der impressionistische nächtliche Elfenzauber, die hymnischen Ausuferungen oder die immer wieder leise brummelnden Untertöne sind – all das wird hier aufs Trefflichste beleuchtet und gleichzeitig den Sängern die notwendige Aufmerksamkeit für ihre oft in schnellem Tempo abspulenden Einsätze geschenkt. Der gerechtfertigt deutliche Dank des Dirigenten an die Musiker beim Schlussapplaus war auch ein Zeichen großer gegenseitiger Sympathie. Auch deshalb liegt es nahe, Rustioni künftig für mehr Aufgaben, am besten eine Premiere zu gewinnen.»
Der neue Merker, Udo Klebes